Zwölf Monate lang hat die Grundannahme, dass sich die Volkswirtschaften langsam, aber stetig von den Folgen der Finanzkrise 2008 erholen und mit Hilfe von gut durchdachten Konjunktur- und Stützungspaketen wieder zu selbst tragendem Wachstum finden werden, das Handeln der Investoren an den Kapitalmärkten bestimmt. Natürlich gab es immer wieder warnende Stimmen, die diese Annahme in Frage gestellt haben. Aber die Mehrheitsmeinung hat die Aktienmärkte steigen lassen und damit auch die Politiker an dieses Szenario glauben lassen. Ein Szenario, das gut ins Bild passt, weil es die Dinge sehr einfach gemacht hätte: Das Wachstum kehrt zurück, die Stützungsmaßnahmen werden zurückgefahren, die Ausgaben dafür werden eingespart und die Steuereinnahmen sprudeln wieder. So hat uns das auch Frau Merkel lange erklärt: Wachstum zieht uns wieder aus der Krise und alles geht weiter wie zuvor. Die Ereignisse der letzten Monate in Bezug auf Staatsverschuldungsquoten und den damit verbundenen neuen Rettungspaketen haben dieses schöne Szenario aber zerstört. Die Kosten der Finanzkrise und der Rettungspakete haben in allen großen Ländern das Fass zum Überlaufen gebracht. Es gibt keinen Spielraum mehr für konjunkturstützende Maßnahmen. Ganz im Gegenteil, es muss überall gespart werden – und das wird Wachstum kosten. In den USA, in Europa und in Japan sowieso. Immer größere Teile der Welt fallen damit als Konsumenten aus, und der Glaube schwindet, dass China allein den Rest mitziehen kann. Die Akteure an den Zinsmärkten in den USA und in Europa setzen plötzlich sehr aggressiv auf Deflation und treiben die langfristigen Zinsen für US-Staatsanleihen und deutsche Bundesanleihen damit zu immer neuen Tiefständen. Die Aktienmärkte dagegen schmieren ab. Die Gefahr, dass wir kurz nach dem Austreten aus der Rezession schon wieder in die nächste fallen, wird plötzlich als sehr hoch bewertet. Fallender Ölpreis und Gewinnmitnahmen bei Währungen rohstoffbasierter Länder sind weitere Indikatoren für diese neue Meinung.