Seit drei Monaten bewegen sich die Kapitalmarktzinsen und damit ebenfalls die Baugeldzinsen auf einem historisch tiefen Niveau ohne größere Ausschläge praktisch seitwärts. Diese Phase des Durchatmens nach einer fulminanten Phase stark fallender Zinsen, die die 10-jährigen Pfandbriefrenditen in neun Monaten von 4,25% auf 3,00% gebracht hatte, sollte aber nicht missverstanden werden. Sowohl Investoren als auch Kreditnehmer stehen vor einer sehr schwierigen Entscheidung. Sollen sie auf stabile oder sogar noch weiter fallende Zinsen setzen, oder ist es Zeit, die Gewinne mitzunehmen und sich für einen drohenden und unausweichlichen Zinsanstieg zu positionieren? Die großen Notenbanken halten zwar vorerst an ihrer zur Stimulierung gedachten Null-Zins-Politik fest. Doch eines ist klar: Spätestens seit die Politiker im Mai im Rahmen des Euro-Rettungspakets die Europäische Zentralbank gekapert haben, fehlt das mahnende Gewissen. Die Politiker weltweit glauben fest daran, dass sie aus der Schuldenkrise herauswachsen können, wenn die Wirtschaft nur schnell genug wieder Fahrt aufnimmt. Einige, besonders US-Präsident Obama, glauben sogar daran, dass sie noch rasch weitere Schulden machen müssen, um die Wirtschaft ein weiteres Mal zu stützen und danach die Schulden in Ruhe abbauen zu können. Dabei wird von beratenden Ökonomen wie Paul Krugman gerne mit der Depression der 30er Jahre argumentiert. US-Notenbank-Chef Ben Bernanke ist ebenfalls Teil dieser Denkschule und wird weiterhin die Notenpresse laufen lassen, um ja nicht in den Verdacht zu geraten, dass er persönlich Schuld an einer zweiten Rezession in den USA trägt. So haben wir die sonderbare Situation, dass heute jeder Kommentator Alan Greenspan und seine lockere Geldpolitik als den Schöpfer der großen Blasen der vergangenen 15 Jahre sieht, gleichzeitig aber die aktuelle Schöpfung der ultimativ größten Liquiditätsblase als „alternativlos“ gesehen wird.